Stille. Viel Natur, keine Autos, fast keine Tiere, der Fluss
fliesst nicht, er ist gefroren, keine Geräusche. Es herrscht der Winter. Der
Schnee reicht bis zu den Knien, die Temperaturen sind deutlich unter dem
Gefrierpunkt. Einzig das zischende Geräusch der wenigen Langläufer
durchschneidet die absolute Ruhe.
Ich war in Marbach. Einem Kaff erster Güte im Herzen der
Schweiz. Ein Kaff, welches die Schweiz noch tief in seinem Herzen trägt.
Klischees werden an jeder Hausecke bestätigt. Stereotypen par excellence. Man
grüsst sich, denn man kennt sich. Kennt man sich nicht, dann grüsst man
ebenfalls, denn man wird sich wohl bald kennen. Mode wird klein geschrieben. Traktoren
sind mindestens so präsent auf den Strassen wie Autos. Ohne abschätzend wirken
zu wollen; es ist schon beinahe niedlich, wie das Landleben hier vorbildlich
gelebt wird. Als Städter braucht es wohl noch eine Weile, bis ich mich daran
gewöhnt habe. Trotz der interessanten Art des Dorflebens, habe ich mich für
einige Stunden etwas abgesondert. An den Rand des Dorfes. In die
Natur. In die ohrenbetäubenden Stille. Ganz für mich allein.
Ich sitze im Zug auf dem Weg nach Hause.
Aus der inneren Ruhe, aus einer reizarmen Umgebung und der
Möglichkeit der Selbstfindung in die Zivilisation, in die vor Einflüssen
drückende Gesellschaft.
Lärm. Viel Verkehr. Viele Menschen. In einer Stadt ist man
ihn nie ganz los, den Lärm, man lernt ihn einfach zu ignorieren. Luzern ist
keine Grossstadt, bei weitem nicht, doch das Wahrnehmungsfeld eines Menschen
ist begrenzt und so spielt es nicht mehr eine grosse Rolle ob Luzern oder
London, laut ist es überall. Luzern ist grossartig, ich liebe „meine“ Stadt,
doch es ist ein starker Kontrast zu Marbach.
Gleich danach geht’s aber weiter.
Emotionen. Schreie. Adrenalin. Heute Abend habe ich ein
Meisterschaftsspiel. Mit Ettiswil erwartet uns ein abstiegsgefährdeter Gegner.
Wir hingegen wollen Willisau noch den zweiten Platz wegschnappen. Die Stimmung
in der Halle wird angespannt sein. Um jeden Ball wird gekämpft, kein
Ballwechsel verloren, bis der Schiedsrichter abpfeift…
Marbach und Luzern sind die äusseren Einflüsse, die sich
ändern. Die innere Ruhe in der Stille von Marbach im Gegensatz zu den explosiven
Adrenalinstössen im heutigen Spiel kommt aber einer Mutation gleich. In Marbach
war ich allein. Kämpfte einsam und still
gegen Unklarheiten meines Wesens. Stellte mir Fragen, auf die nur ich allein
eine Antwort suchen kann, ohne sie jemals zur Gänze zu finden. In Ettiswil bin
ich Teil eines Teams. Wir kämpfen gemeinsam für den Sieg. Unterstützen uns,
reden uns gut zu. Niemand ist allein. Egal ob wir gewinnen oder verlieren, wir tun es im Kollektiv. Nicht still und leise, sondern laut und emotional.
So total unterschiedlich und gleichwohl abhängig
voneinander. Ich bin überzeugt, dass das eine ohne das andere nicht geht. Man
muss sich selber kennen, um seinen Platz in einer Gruppe zu definieren. Umso
besser man sich kennt, umso besser kann man sein soziales Umfeld prägen und sein Glück darin finden. Jeder auf seine Weise.
Es
wird in der heutigen Zeit, mit all der Hektik und dem gesellschaftlichen Druck,
immer schwieriger, den Weg zu sich selbst zu finden. Zeit wird einem nicht mehr
geschenkt, man muss sie sich nehmen. Manchmal auch aufzwingen. Aber ohne geht
es nicht.
Ein oft sehr einsamer Weg... aber er führt zu einer kollektiven Geschlossenheit.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen